Update in „Hallo Lübbecke“ vom 5.2.2021: CDU, FDP und Grüne stoppen erstmal den Glasfaserausbau – Siehe auch unseren Kommentar weiter unten
Das Vorhaben, in Lübbecke mit einem Partner eine Netzbaugesellschaft zu gründen, die Glasfaserkabel bis in die „letzte Ecke“ der Stadt verlegt und so in absehbarer Zeit überall schnelles Internet möglich macht, ist erstmal gescheitert. In der Ratssitzung am Donnerstagabend stellten sich CDU, Grüne und FDP quer und verweigerten dem Vorhaben ihre Zustimmung; SPD, WL und LK hatten zuvor deutlich gemacht, dass sie dem Plan zustimmen wollten.
Die CDU stellte den Antrag, den Beratungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen – ein Antrag, den Bürgermeister Frank Haberbosch und die Befürworter-Fraktionen überhaupt nicht nachvollziehen konnten. Haberbosch versuchte sich im „Brückenbau“ und schlug vor, doch die Anwesenheit von Beratern, Jurist und möglichem Partnerunternehmen zu nutzen und – so vorhanden – Vertragsdetails zu hinterfragen. „Ihr könnt ihnen doch jetzt alle Fragen stellen“, war sein Angebot an CDU-Fraktionschef Bernotat. Der jedoch blockte ab: „Wir wissen noch gar nicht, welche Fragen wir stellen sollen.“
Damit war das Thema vom Tisch. Nun soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die sich mit dem Thema befasst, bevor es in der zweiten Märzhälfte in einer Sonderratssitzung erneut behandelt werden soll.
Kommentar: Ignorant oder Depp?
Laut § 67 (3) der NRW-Gemeindeordnung werden die Ratsmitglieder nach einer Kommunalwahl eingeführt und verpflichtet mit der Formel: „Ich verpflichte mich, dass ich meine Aufgaben nach bestem Wissen und Können wahrnehmen, das Grundgesetz, die Verfassung des Landes und die Gesetze beachten und meine Pflichten zum Wohle der Gemeinde erfüllen werde.“ Das haben die gewählten Vertreter von CDU, FDP und Grünen bestätigt.
Doch nur wenige Wochen nach dieser Verpflichtung müssen sie sich fragen lassen, ob sie den Passus „… meine Pflichten zum Wohle der Gemeinde erfüllen werde“ vergessen haben oder maximal ignorieren. Jedenfalls schüttelt man nur noch ungläubig den Kopf angesichts des Verhaltens des Trios in einer Frage, die die Zukunftsfähigkeit der Stadt Lübbecke maßgeblich beeinflussen dürfte.
Es geht um den Ausbau des schnellen Internets mit Glasfasertechnologie – einer Technologie, die nach landläufiger Meinung sowieso seit einem Jahrzehnt in ganz Deutschland verschlampt wurde; manche Beobachter sprechen gar von bewusster Verhinderung. Und in Lübbecke? Hier beeilen sich CDU, FDP und Grüne, diesem Jahrzehnt der Versäumnisse noch ein paar Monate oder Jahre hinzuzufügen.
Hätten Informationen gefehlt, um eine Entscheidung für die Gründung einer Netzbaugesellschaft zu fällen, könnte man das Verhalten ja noch nachvollziehen. Dem aber ist nach Auskunft von Bürgermeister Frank Haberbosch nicht so. Nach seinen Worten habe die Verwaltung den Ratsauftrag aus 2020, ein Konzept für den Netzausbau in eigener Hand zu erstellen, erfüllt und dieses Konzept noch vor Weihnachten dem gesamten Rat und dem ins Auge gefassten Partnerunternehmen Greenfiber zur Verfügung gestellt.
Am 14. Januar 2021 informierten die eingeschalteten Berater und Greenfiber den Rat über das Projekt, und es wurde der 4. Februar 2021 festgelegt, um das Projekt „in trockene Tücher zu wickeln“. Die entsprechenden Vertragstexte standen den Ratsmitgliedern ab dem 25. Januar 2021 zur Verfügung.
Und was passiert am 4. Februar 2021? CDU, FDP und Grüne haben nichts Besseres im Köcher, als das Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Warum sie das Haberbosch-Angebot nicht angenommen haben, die Beteiligten mit Fragen zu löchern, wird vermutlich ihr Geheimnis bleiben. Die Antwort von CDU-Fraktionschef Bernotat auf das Haberbosch-Angebot, „wir wissen noch gar nicht, welche Fragen wir stellen sollen“, spricht jedenfalls Bände – und für sich. Denn Bernotats Antwort heißt nichts anderes als: „Wir haben zwar keine Fragen, wollen dem Projekt aber nicht zustimmen.“ Und das ist nichts anderes als schnöde Verweigerungshaltung, mit der man wohl kaum seine „…Pflichten zum Wohle der Gemeinde erfüllen“ kann.
Was ist nun bis zur Sonderratssitzung in der zweiten Märzhälfte beim Thema Glasfaserausbau zu erwarten? Nahezu nichts außer der Tatsache, dass wieder ein paar Wochen Zukunft vergeudet worden sind. Denn in der neuen Arbeitsgruppe wird es keine anderen Infos geben als die, die jetzt schon auf dem Tisch liegen, keinen anderen Businessplan, keinen anderen Vertragsentwurf als den, der jetzt unterschriftsreif auf dem Tisch liegt.
CDU, FDP und Grünen sei dringend angeraten, ihre grundsätzliche Haltung zu Projekten, die die Stadt Lübbecke und ihre Zukunft betreffen, kritisch zu überprüfen. „Neinsager“ waren noch nie „Bürgers Freund“, und wer sein „Nein“ nicht einmal vernünftig begründen kann, setzt sich der Gefahr aus, im besten Fall als Ignorant, im schlechtesten Fall als Depp dazustehen.
Manchmal tut es übrigens Parteien gut, ihr Führungspersonal auszutauschen. Vielleicht sollte die CDU-Ratsfraktion mal über diese Option nachdenken…
(Wilfried Mattner)