Benötigen wir ein Stadtentwicklungskonzept, das ein anerkanntes Beratungsunternehmen für mindestens 150.000 € auf Kosten der Stadt sicher gerne erstellen wird? Das Bündnis aus CDU, Grünen, FDP und Die Linke fordert dies. Um es vorweg zu sagen: Die Fraktionen der SPD, der Wählergemeinschaft Lübbecke und von Lübbecke Konkret bleiben bei ihrer Linie, sorgfältig zu beraten, was in der Lübbecker Stadtentwicklung schon gut gelingt und in welchen Bereichen – gerne gemeinsam – konkrete Entwicklungen vorangetrieben werden können.
So erfreulich die knappe Entscheidung für die Entlastung einiger Anlieger bei den Erschließungsbeiträgen im Sinne des Bündnisses auch war. Sie wird ein Millionenloch in den Haushalt reißen. Wir halten fest: Es ist nichts Gerechtes daran, diejenigen, die ihren Beitrag zum alten Satz geleistet haben, jetzt über den Haushalt nochmal für andere zur Kasse zu bitten. Und es ist zutiefst unsoziale Klientelpolitik, Menschen in die Tasche zu greifen, die mangels Eigentums zur Miete wohnen, um die Wertsteigerung derer zu finanzieren, die Haus und Grundstück haben. Doch wir akzeptieren die auf demokratische Weise erfolgte Entscheidung.
Dann muss um jeden Preis ein „Klimamanager“ her. Der Zeitgeist schreit danach, und da ist es auch egal, ob der hier ein sinnvolles Betätigungsfeld findet oder nicht. Auch auf bohrende Nachfragen konnte niemand aus den Bündnisfraktionen erklären, was genau denn ihrer Meinung nach so ein Manager machen soll, das wir nicht aus eigener Kraft leisten könnten. Seit Beginn dieser Legislatur haben wir auf Drängen vor allem der Grünen einen Klimaausschuss und einen Arbeitskreis „Grüne Infrastruktur“. Ist es zu viel verlangt, selbst zu googlen, was die Magier andernorts aus dem Hut zaubern? Müssen wir dafür eine Stelle schaffen, die uns in den nächsten drei Jahren 200.000 Euro kosten wird? Geld übrigens, das für konkrete Maßnahmen, die wir längst auf der Agenda haben, fehlen wird, weil man es bekanntlich nur einmal ausgeben kann. Muss jede Kommune zusätzlich eine Klimamanager*in haben, obwohl wir über die Kreisumlage schon drei Klimamanager*innen unseres Mühlenkreises finanzieren, die natürlich auch für Lübbecke zuständig sind?
Und jetzt soll uns ein Beratungsinstitut erzählen, wie wir die Zukunft gestalten. Und zwar auf nicht weniger Themenfeldern als: Bevölkerungs- und soziokulturelle Entwicklung, Wohnen und Quartiersentwicklung, Schulen und Kindergärten, Innenstadt- und dörfliche Entwicklung, Wirtschaft und Handel, Gesundheitsversorgung, Ausbau regenerativer Energie, Verkehr, ÖPNV und Mobilitätskonzept, Umwelt und Natur, Digitalisierung, Sport und Vereine sowie Kultur. Fehlt irgendwas? Landwirtschaft vielleicht, Jugendförderung und außerschulische Bildung, aber das dürfte ein Versehen sein. Prüfungsauftrag also: Einmal Lübbecke mit allem. Unabhängig davon, dass es ein Institut mit der nötigen Sachkompetenz auf allen Feldern gar nicht gibt, drängt sich sofort eine Frage auf: Wofür genau brauchen wir dann noch einen Stadtrat?
Welche inhaltliche Qualität soll ein Eierlegende-Wollmilchsau-Gutachten zum avisierten Schnäppchenpreis von 150.000 Euro erreichen, das uns auf sämtlichen Themenfeldern den Weg weist, selbstredend auch „unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger (…) sowie Personen, welche im unmittelbaren Zusammenhang mit den zu bearbeitenden Themenfeldern stehen“? Und wären wir nicht von allen guten Geistern verlassen, uns dann danach zu richten?
Unser Einzelhandelskonzept etwa sei 20 Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß. Richtig ist: Die aktuelle Fassung wurde im April 2015 von drei Ausschüssen und schließlich im Rat verabschiedet – jeweils einstimmig, ohne Enthaltungen, also auch mit allen Stimmen von CDU, Grünen und FDP. Im Gespräch haben Mitglieder der Bündnisfraktionen nur zu freimütig begründet, sie hätten ja nicht die nötige Sachkenntnis, die Zusammenhänge selbst zu durchschauen. Dazu halten wir fest: 1. Wir haben eine Verwaltung mit Fachleuten aus verschiedensten Bereichen, die in unserem Auftrag genau dieser Aufgabe nachkommen und das im Übrigen auch ausgezeichnet machen. 2. Wer von sich selbst weiß, dass er nicht kompetent genug ist, die Zukunft der Stadt verantwortlich mitzugestalten, sollte unbedingt Abstand davon nehmen, sich in den Rat wählen zu lassen.
Abgesehen davon, dass es sich um einen in der Stadtgeschichte beispiellosen politischen Offenbarungseid handelt, hat das Bündnis offenbar auch eine Frage nicht zu Ende gedacht, deren Antwort peinlich werden könnte: Was, wenn ein Institut zum selben Ergebnis kommt wie wohl die meisten Menschen, die offenen Auges durch unsere Stadt gehen: Dass wir nämlich im Großen und Ganzen das meiste richtig machen und gut beraten wären, unseren Weg konsequent weiter zu gehen? Zahlen wir dann die Rechnung und sind fröhlich? Oder wird dann das nächste Projekt betrieben, das angeblich der ganz große Wurf zum Wohle unserer Stadt ist?